ABLAUF DER EINGEWÖHNUNG NACH DEM
„BERLINER MODELL“
1. Kontaktaufnahme
Das erste ausführliche Gespräch zwischen Ihnen als Eltern und der Kindertagespflegeperson dient dem gegenseitigen Kennenlernen und hat die Gestaltung der Eingewöhnungsphase zum Thema. Das Kind mit seinen Bedürfnissen steht im Mittelpunkt des Gesprächs.
2. Dreitägige Grundphase
Sie kommen drei Tage lang ein bis zwei Stunden in die Kindertagespflegestelle. In dieser Zeit macht sich Ihr Kind – in seinem eigenen Tempo – mit der Umgebung, der Kindertagespflegeperson und den anderen Kindern vertraut. In diesen ersten drei Tagen findet kein Trennungsversuch statt. Sie als Elternteil verhalten sich passiv, schenken Ihrem Kind aber Ihre volle Aufmerksamkeit. Es braucht die Sicherheit, dass Sie da sind. Die Kindertagespflegeperson nimmt vorsichtig Kontakt zu Ihrem Kind auf, ohne es zu drängen.
3. Erster Trennungsversuch und mögliche Folgen
Am vierten Tag findet ein erster Trennungsversuch statt. Einige Minuten nach der Ankunft verabschieden Sie sich klar und deutlich von Ihrem Kind und verlassen den Raum für kurze Zeit (ca. 30 Minuten). Die Reaktion Ihres Kindes entscheidet über das weitere Vorgehen.
Variante 1
Eine kürzere Eingewöhnungszeit: Ihr Kind bleibt gelassen oder weint, lässt sich aber schnell von der Tagespflegeperson trösten. Es beruhigt sich und findet nach kurzer Zeit zurück ins Spiel.
Variante 2
Eine längere Eingewöhnungszeit: Ihr Kind protestiert und weint heftig, sucht den Vater oder die Mutter und lässt sich nicht trösten. Es spielt nicht oder nur ganz oberflächlich, seine Trauer und Not ist eindeutig.
4. Stabilisierungsphase
Variante 1:
kürzere Eingewöhnungszeit
Am fünften und sechsten Tag bleiben Sie noch eine kürzere Zeit im Raum, dehnen die Trennungszeit aber langsam aus. Sie bleiben gut erreichbar in der Nähe.
Die Kindertagespflegeperson beteiligt sich beim Wickeln und Füttern und übernimmt langsam diese Aufgaben.
Variante 2:
längere Eingewöhnungszeit
Bis zum siebten Tag bleiben Sie die ganze Zeit in der Kindertagespflegestelle, die Kindertagespflegeperson übernimmt nach und nach die Versorgung Ihres Kindes und bietet sich mehr und mehr als Spielpartner/in an. Am siebten Tag können Sie einen erneuten Trennungsversuch wagen. Je nach Reaktion Ihres Kindes können Sie die Trennungszeit ausdehnen oder die Eingewöhnung weiter verlängern.
Schlussphase
Sie als Eltern halten sich nicht mehr in der Kindertagespflegestelle auf, sind jedoch telefonisch jederzeit erreichbar. Die Eingewöhnung ist dann beendet, wenn Ihr Kind gar nicht oder nur sehr kurz weint, sich von der Kindertagespflegeperson trösten lässt und seine Umgebung voll Neugier und Interesse erkundet.
Wer kommt mit?
Für Ihr Kind ist es einfacher, wenn immer derselbe Elternteil die Eingewöhnung begleitet. Wer das ist, ergibt sich vermutlich aus Ihrer Lebenssituation. Wenn Sie die Wahl haben, macht es Sinn, den Elternteil zu wählen, von dem sich Ihr Kind leichter lösen kann.
Möglichst wenig andere Veränderungen, möglichst viele Ruhepausen
Versuchen Sie die Eingewöhnungszeit von anderen aufregenden Ereignissen wie einem Urlaub oder Umzug freizuhalten, um Ihr Kind und sich selbst nicht zu überfordern. Die Eingewöhnungszeit selbst ist Aufregung genug! Das bedeutet auch für Ihre Tagesplanung in dieser Zeit, möglichst viele Ruhephasen einzuplanen, damit die vielen neuen Eindrücke gut verarbeitet werden.
Keine Unterbrechung
Vermeiden Sie es nach Möglichkeit, die Eingewöhnungszeit zu unterbrechen. Sollte die Unterbrechung unvermeidbar sein, zum Beispiel durch Krankheit, ist Ihre Anwesenheit in den ersten Tagen danach wieder notwendig.
Montags nie
Starten Sie niemals den ersten Trennungsversuch an einem Montag – das Wochenende kann bereits zu viel Abstand zum vorherigen Tag der Eingewöhnung bedeuten.
Immer zur selben Uhrzeit
Kommen Sie am Anfang mit Ihrem Kind immer zur selben Uhrzeit und in derselben Situation. Wählen Sie dazu eine ruhige Zeit in der Tagespflegestelle, zum Beispiel das Frühstück oder eine Spielzeit. Nach und nach können Sie die Zeitspanne so ausdehnen, dass Sie sich Ihrer geplanten Betreuungszeit nähern.
Übergänge erleichtern
Zeigen Sie Ihrem Kind, dass Sie die Kindertagespflegeperson mögen. Das macht es für das Kind leichter, selbst auf sie/ihn zuzugehen. Auch ein Spielzeug aus der Tagespflegestelle, welches das Kind am Anfang mit nach Hause nehmen darf, kann eine Brücke bauen. Andererseits kann Ihr Kind etwas ihm Vertrautes von zu Hause mit in die Kindertagespflegestelle nehmen, welches ihm in der zunächst fremden Umgebung ein Stück Sicherheit gibt (zum Beispiel ein Kuscheltier). Auch Fotos von Ihrer Familie, die sie der Kindertagespflegeperson zur Verfügung stellen, können dem Kind die Eingewöhnung erleichtern. Zu Hause wiederum können Sie gemeinsam Fotos aus der Kindertagespflegestelle betrachten, um die Erinnerung daran lebendig zu halten.
Füttern, Wickeln, Mittagsschlaf
Am ersten Tag der Eingewöhnung sollten Sie Ihr Kind nach Möglichkeit nicht in der Kindertagespflegestelle füttern oder wickeln, das kann zu viel Ablenkung von der neuen Umgebung bedeuten. Am zweiten und dritten Tag schaut die Kindertagespflegeperson beim Wickeln und Füttern zu, assistiert Ihnen und spricht mit dem Kind. Frühestens ab dem vierten Tag übernimmt die Kindertagespflegeperson diese Tätigkeiten. In der ersten Phase der Eingewöhnung sind Sie für die Schlafphasen des Kindes zuständig. Den Versuch eines Mittagsschlafs, den die Kindertagespflegeperson begleitet, sollten Sie nicht vor dem elften Tag starten. Bleiben Sie aber in der Kindertagespflegestelle, um beim Aufwachen Ihres Kindes da zu sein.
Klarer, kurzer Abschied
Gehen Sie nie, ohne sich von Ihrem Kind zu verabschieden! Es ist nachvollziehbar, dass Sie der schmerzhaften Trennung aus dem Weg gehen möchten, aber Sie riskieren, dass Ihr Kind dies als einen Vertrauensbruch erlebt und danach erst recht nicht von Ihrer Seite weicht. Rituale sind zur Begrüßung, aber auch zum Abschied enorm wichtig. Sie stellen Verlässlichkeit her, geben Halt und Orientierung in schwierigen Übergangssituationen. Entwickeln Sie zusammen mit der Kindertagespflegeperson ein Begrüßungs- und Abschiedsritual und halten Sie den Abschied kurz. Wenn sich Ihr Kind nicht nach kurzer Zeit von der trösten lässt, werden Sie von der Kindertagespflegeperson angerufen und können zurückkommen.